Freitag, 11. Mai 2012

Auf dem Pilgerweg von Shikoku Woche 5

Tag 29 (4.5.2012): 11.5h, 39km
Beim Aufstehen steckte der gestrige Tag noch mächtig in den Füssen, heute würden wir noch einen drauflegen (müssen). Wir verliessen kurz nach sechs das Hotel und liefen den noch ruhigen Strassen von Matsuyama entlang. In einem Konbini versorgten wir uns mit dem Frühstück, assen es vor der Türe und über kleine Seitenstrassen gerieten wir über die Aussenquartiere in Vororte und somit zum Tempel 52, Taisan-ji. So früh am morgen waren nur ein paar wenige Henros auf dem Gelände vorzufinden; die Glocke in dem fast tausendjährigen Glockenturm zu läuten, war schon fast eine Ehre.







Als wir vom Hügel wieder in der Ebene waren, war Tempel 53, Enmyo-ji nicht weit.




Bis dahin hatten wir ca. 10km zurückgelegt, nun folgten weitere fast dreissig, was einem normalen Tag entspricht. Seit mehreren Tagen waren wir im Inland unterwegs, nun konnten wir wieder das Meer riechen und auch an ihm entlang laufen (für fast den ganzen Rest des Tages).
Beim Mittagessen im Schatten eines Konbini erhielten wir von einem Herrn zwei Flaschen eines Energydrinks und von einem ca. vierjährigen Jungen zwei Bonbons als Osettai.







Erst gegen halb sechs kamen wir im Businesshotel Kurushima in Onishi an und als wir eincheckten, konnten wir gleich im dazugehörenden Restaurant das Abendessen auf sechs Uhr bestellen, resp. die Zeit wurde von der Hausdame so festgelegt. Wir hatten nur Zeit um uns kurz zu Duschen und warfen die Wäsche in die grosse Kiste, die sie nass und sauber macht und assen dann zu Abend. Wir trafen wieder auf einen der beiden Siebzigjährigen, de wir das erste Mal vor über zwei Wochen im Minshuku Kochi-ya getroffen hatten.

Tag 30 (5.5.2012): 6.5h, 11km
Da wir vor  zehn Tagen bei der Reservierung der gestrigen Übernachtung nichts in unserer Wunschdistanz erhielten, suchten wir das Nächste und nochmals das Nächste bis wir dieses Hotel fanden. Was nun bedeutete, dass die zurückzulegende Distanz am heutigen Tag entsprechend kürzer wurde. Dennoch standen wir früh auf, nahmen im Restaurant das Frühstück ein und machten uns auf den Weg.
Bald erreichten wir Tempel 54, Enmei-ji.





Der nächste Tempel 55, Nankobo befindet sich im Zentrum von Imabari, welches aufgrund des heutigen Feiertages sehr ruhig war. So ruhig, dass sogar die Postfilialen geschlossen hatten und es bis Montag ein bisserl eng mit dem Geld werden könnte.






Über eine lange, gerade Strasse verliessen wir Imabari auch schon wieder und kamen zu Tempel 56, Taisan-ji.




Im Tempel 57, Eifuku-ji machten wir unsere Mittagspause und ruhten uns vor der brennenden Sonne  im kühlen Schatten des Tempelgebäudes aus. Für den letzten Tempel 58, Senyu-ji heute, welcher auch gleich unsere Übernachtung sein würde, stiegen wir auf ca. 250 Meter hoch und wurden auch mit einem guten Weitblick belohnt.









Heute merkte man, dass viele Leute für ein paar Tage frei hatten, es fanden sich viele Pilger in diesen nahe beieinander liegenden Tempeln. Wir trafen und sprachen mit mehreren Japanern, die in diesen drei Tagen einen weiteren Streckenabschnitt absolvierten.

Tag 31 (6.5.2012): 9h, 28km
Beim Morgenessen bestätigte sich, dass es um eine Übernachtung mit rein vegetarischer Kost handelte, was wir schon am Vorabend vermuteten. Doch zuvor nahmen wir an der Morgenzeremonie teil, welche von einem stark verschnupften Mönch und zwei Anwärtern gehalten wurde.
Als Abwechslung ging der Weg auf den ersten Metern abwärts, normalerweise wartet ein Aufstieg auf uns.
In der Ebene angekommen, erreichten wir dann Tempel 59, Kokubun-ji.




Anschliessend liefen wir in südwestliche Richtung, kauften unser Mittagessen ein um es später irgendwo unterwegs einzunehmen. Wir kamen jedoch so gut voran, dass wir erst kurz vor dem nächsten Tempel eine Pause einlegten. Wir erhielten von einem Herrn verschiednen Fischkuchenstücke und je ein Getränk, welche wir dankend annahmen. Etwa auf 250 Höhe in einem schmalen Tal gelegen, fanden wir dann zu Bangai-Tempel 10, Koryu-ji.









Beim Absolvieren der Treppen kreuzte eine Schlange unseren Weg. Da wir uns inzwischen über die Schlangen informierten, erkannten wir das Tier als (giftige) Mimoshi. Sie kroch dann aber schnell über einen Absatz und verschwand im Wald.
Im Tempel selbst erhielten wir ein paar Informationen von der zuständigen Dame und erklärte uns auch, dass wir sehr, sehr alt werden, wenn wir ein bisschen von dem Wasser trinken würden, das aus dem Berg quillt. Ein Schluck kann nicht schaden.
Am Nachmittag schlenderten wir die letzten Kilometer zum Bangai-Tempel 11, Ikiki Jizo.






Auf dem Hügel hinter dem Bangai-Tempel befand sich ein Shinto-Schrein mit weiteren kleinen Schreinen. Wieder unten machten wir eine Pause neben dem Kalligrafiebüro. Als sich Willy kurz zur Toilette verabschiedete, erhielt ich von einem Herrn ein äusserst grosszügiges Osettai in Form von einem kleinen Fläschchen Bambusschnaps, einem Henrotuch und einem 1000-Yen Geldschein.

Heute würde Marcel zu uns stossen und da wir früher dran waren als geplant, liefen wir ihm entgegen und trafen ihn fast wie abgemacht entlang der “grünen” Strasse. Er wird uns/mich die nächsten vier Wochen in Japan begleiten (und noch einiges “lernen”).
Im Minshuku Sakaeya angekommen, bezogen wir unsere Zimmer, duschten kurz, bevor schon zum Essen gerufen wurde. Wir trafen auf mehrere Personen, drei davon haben wir schon mehrfach getroffen: einer der beiden 70-jährigen sowie einen Herrn, den ich am ersten Tag traf.
Nach dem Abendessen füllte ich noch Marcels Kopf mit vielen Infos und schon bald war’s Zeit für die Nachtruhe.

Tag 32 (7.5.2012): 8.5h, 23km
Heute hatten wir zwar nur ca. 23km zu bewältigen, da es jedoch zum ersten Mal auf knapp 800 Meter Höhe gehen würde, planten wir entsprechend Zeit ein. Früh wie gewöhnlich standen wir auf, assen das Frühstück und erhielten von dem Paar, das das Minshuku führt, ein Osettai in Form von einem Transport des grossen Rucksackes zur nächsten Übernachtung. So konnten wir mit leichten Gepäck unseren Tag angehen. Wir verabschiedeten uns und kamen zu einem Konbini, in dem wir etwas Kleines zum Essen und ein paar Getränke einkauften.
Der Weg führte zuerst entlang einer Strasse in ein Tal, welches sich immer weiter verengte. Die Strasse stieg langsam an, endete schliesslich abrupt und der Waldpfad begann. Ohne Gepäck stiegen wir zügig auf den Berg hoch, Marcel hielt anständig mit und wir erreichten Tempel 60, Yokomine-ji.





Da auch Marcel den Pilgerweg wie wir absolvieren will, wollten wir ihn in diesem Tempel ausrüsten; leider war der Shop nicht entsprechend ausgerüstet. Wenigstens konnte er das Buch kaufen und seine erste Kalligrafie erhalten.
Der Weg runter war nicht zu steil, sodass unsere Knie nicht allzu fest leiden mussten. Gleichzeitig verschlangen wir unsere Sandwiches -Willy machte sogar aus seinen Dreien Eines- und bei leichten Regen kamen wir im wohl modernsten alter Tempel, im Tempel 61, Kouon-ji an, in dem wir auch alles fanden um Marcel wie einen Henro einzukleiden.




Anschliessend machten wir eine Umweg via ein Einkaufzentrum, assen zu Mittag und nach einer kurzen Distanz standen wir schon vor Tempel 62, Hoju-ji




Auf der gegenüberliegenden Strassenseite, neben einer Ansammlung von zehn Getränkeautomaten, genehmigten wir uns einen Nachmittagskaffe und beobachteten die drei Busse mit Gruppen-Henros.
Um dem Lärm zu entgehen, zogen wir uns zwei Strassen zurück in das Minshuku Suzu und ruhten uns nach dem Einchecken und Duschen aus.
Um es ein bisschen bequemer zu haben, zeigte sich ein älterer Herr damit einverstanden, dass die Schiebetüren zwischen seinem und unserem Raum geöffnet werden und ich in seinen Raum zügle. Er war zwar ziemlich laut bis zum Lichterlöschen, dafür schnarchte er nicht.

Tag 33 (8.5.2012): 9h, 29km
Mit den anderen Gästen früh aufgestanden, wurde zum Frühstück gerufen und schon bald darauf verliessen wir das Minshuku. Kaum Warmgelaufen standen wir schon vor Tempel 63, Kichijo-ji, beim dem wir so früh dran waren, dass wir die Glocke noch nicht läuten durften.





Nicht mal eine Stunde später liefen wir beim Tempel 64, Maegami-ji ein.






Für den restlichen Tag standen keine weiteren Tempel mehr auf dem Plan, wir hatten dann noch knapp 25 Kilometer entlang einer stark befahrenen Strasse vor uns. Einige Abschnitte jedoch konnten wir auf durch die Dörfer führenden Nebenstrassen zurücklegen, sodass wir uns auch in normaler Lautstärke unterhalten konnten. Marcel hielt wieder gut mit, nach ihm sei einzig das ganztägliche Tragen eines Rucksackes noch etwas ungewohnt.
Wir waren zügig unterwegs und machten wie zuvor Essenspausen am Morgen, am Mittung und am Nachmittag um uns zu stärken.
Kaum waren wir im Ryokan Goyomatsu angekommen, resp. um die Ecke gelaufen, wurden wir schon von der Hausdame empfangen und erhielten als erstes Tee und ein Gebäck. Da sie ein wenig Englisch spricht, konnten (und taten) sich auch Willy und Marcel ein wenig verständigen.
Sie machte uns eine Reservation für die morgige Übernachtung und war (verständlicherweise) erstaunt, dass wir eine so kurze Distanz vorgesehen hatten. Als ich ihr dann den darauffolgenden Tag erklärte, verstand sie.
Wir drei Ausländer waren an diesem Tag die einzigen Gäste und das Abendessen wurde in grosser Menge aufgefahren. Dennoch assen wir alles auf, denn der Hunger war gross.

Tag 34 (9.5.2012): 7h, 17km
Etwas später als sonst standen wir auf, assen das Frühstück und schauten das Wetter für den heutigen Tag, welches als bewölkt mit warmen Temperaturen angekündigt wurde. Kaum hatten wir gepackt und wollten das Haus verlassen, zog ein Gewitter auf. Wir sitzten es dann im Esssaal aus.
Erst gegen halb acht verliessen wir den Ryokan um eine Stunde später im Bangai-Tempel 12 Enmei-ji anzukommen.






Aufgrund der kurzen Etappe heute verlängerten wir unsere Pausen ein wenig und machten vor einem grossen Lebensmittelgeschäft halt, das einen schöne Auswahl an Sashimi zu bieten hatte.


Früh kamen wir in unserer Übernachtung an und ruhten uns für den morgigen Tag aus.

Tag 35 (10.5.2012): 9h, 27km
Am Morgen folgte die übliche Prozedur mit frühem Aufstehen, Packen und pünktlich zum Morgenessen zu erscheinen. Ich hielt noch etwas Smalltalk mit den anderen Gästen und wir erhielten ein Osettai in Form eines Lunchpaketes und eines Energy-drinks. Wir machten uns auf den Weg und kauften unterwegs noch Zwischenverpflegung.
Langsam stieg der Weg an um schliesslich (einmal mehr) in einem Waldpfad zu münden. Nach ein paar Zickzackkursmässigen Richtungsänderungen waren wir schon auf ca. 380 Metern und beim Tempel 65, Sankaku-ji.






Gleich hinter dem Tempel drei Mal rechts ging der Weg weiter hinauf auf über 700 Meter um dann steil bis zum Bangai-Tempel 13, Senryu-ji abzufallen. Dieser Tempel war speziell, da sich der Hondo und der Daishi im Hauptgebäude befanden.






 Gleich unterhalb des Tempels liefen wir einem Stausee entlang. Die Strasse ging hoch und runter wie eine Achterbahn bis wir den langen Tunnel erreichten und wieder auf die andere Seite des Berges gelangten.
In einer Rasthütte trafen wir auf weitere Henros, alles ältere japanische Herren; u. a. zwei von heute morgen und einer der fitten 70-jährigen. Nach der Pause erhielten wir von einem Herrn ein Badetuch und im Bangai-Tempel 14, Jofuku-ji wollte der Mönch kein Geld zur die Kalligrafie; im Gegenteil, er gab uns sogar noch eine kühle Büchse Kaffee.





Dann folgte noch ein letzter Anstieg bis zum Sakaime-Tunnel und dahinter befand sich auch schon das Minshuku Okada.
Beim Nachtessen war der Raum mit Pilgern gefüllt und nach ein paar Bier baute sich schon eine gemütliche Stimmung auf.  Das Highlight war jedoch der “Grossvater”, der selbstgezeichnete Karten verteilte und den Weg im Detail erklärte sowie zusätzlich Infos über Tempel und Sachen zum Sammeln abgab.

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