Freitag, 4. Mai 2012

Auf dem Pilgerweg von Shikoku Woche 4

Tag 22 (27.4.2012): 9.5h, 33km
Uns wurde ein halbe Stunde mehr Schlaf geschenkt, da wir “erst” um 6:30 Uhr zum Morgenessen erscheinen mussten. Mit überfüllten Bäuchen verabschiedeten wir uns und gingen Richtung Westen auf der Route 56 los. Anstelle der Hauptstrasse benutzen wir an einer Stelle die alte Strasse mit Tunnel.


Kurz vor der Morgenpause erreichten wir Ainan und somit Tempel 40, Kanjizai-ji.





Der Pilgerweg führte uns weiter der Küste entlang, die Sonne sorgte für ein tiefblau schimmerndes Meer und wir kämpften gegen den Wind an. Es schien als ob wir konstant hoch liefen, was wir nach der Mittagspause in Uchiumi auch taten: Wir stiegen von Meereshöhe auf fast 500m auf einen Pass hoch. Der Anstieg enthielt kaum hohe Tritte und gelang mir mit weniger Anstrengung als ich gedacht hatte. Das tägliche Training der letzten drei Wochen macht sich bezahlt. Auch nach dem gestrigen Pass hatte ich keinen Muskelkater und die Blasen heilen. Ebenso sind keine Neuen dazugekommen, und gegen die Schmerzen in der Ferse habe ich mir heute Morgen was Neues einfallen lassen. Ich habe kurzerhand eine der Innensohlen, die ich von Willy erhalten hatte, in zwei geschnitten und den hinteren Teil unter die eingelegte Sohle für ein weicheres Auftreten gelegt.






Wir kamen in Tsushima an und checkten im Ryokan Shinbashi ein, welcher einen guten Ausblick auf die grosse blaue Brücke bot. Nach dem Duschen stand auch schon das Nachtessen bereit. Das Essen bewegte sich af sehr hohem Niveau und verteilte sich auf über sieben Teller: ein ganzer Fisch, Fleisch mit Salat, Salat an sich mit Tintenfisch und Crevetten, Gemüse aus Bambus und einer Art Krautstiele, Sashimi, eingelegte Rüben, die Misosuppe mit Ei, selbstverständlich der Reis und Dessert aus geschälten Orangen. Ich habe alles (ausser den Gräten) weggeputzt.
Wir ruhten uns im Zimmer aus, da der morgige Tag lang werden würde.

Tag 23 (28.4.2012): 10.5h, 37km
Um sechs Uhr stand das Frühstück bereit, eine gute halbe Stunde später waren wir schon unterwegs.
Bald erreichten wir den Matsuo-Tunnel, der mit 1710 Metern wohl der längste Tunnel ist, durch den ich je gelaufen bin.


Vor und in Uwajima trafen wir wieder auf einen der siebzigjährigen Herren aus Tempel 36, welcher nach wie vor forschen Schrittes vorwärts geht. Beim Bangai-Tempel 6, Ryukoin verloren wir dann den Anschluss an ihn, da er nur kurz den Tempel besichtigte.





Später liefen wir bei einem Steinmetz vorbei, der einen alten japanischen Bekannten ausgestellt hatte.


In Muden machten wir vor einem Konbini unsere Mittagsrast, bevor wir Tempel 41, Ryuko-ji erreichten.





Tempel 42 (die Antwort auf das Universum, das Leben und alles), Butsumoku-ji verfügte über ein sehr neu aussaugendes Tor und Willy erhielt von einer Dame ein paar Zuckerbonbons.





Kurz darauf, beim Anstieg zum Pass trafen wir wieder auf den rüstigen Rentner, der uns ohne Mühe folgen konnte. Leicht frustrierend, aber es gibt immer jemanden, der besser, schneller oder eben fitter ist.
Wir kamen schon gegen 17 Uhr in Uwa an, heute waren wir trotz der langen Distanz recht gut unterwegs. Dennoch waren die fast 37km genug.
Als wir das Businesshotel erreichten, checkten wir ein und ich erhielt bei Nachfrage ein Netzwerkkabel. Im Zimmer stöpselte ich als erstes den PC ans Netz. Ich war positiv überrascht, als ich feststelle, wie schnell der Zugriff ins Internet war. So kann man arbeiten
Später, nach dem Duschen, wuschen wir die Wäsche und da es kein Abendessen im Hotel gab, gingen wir in ein Restaurant namens Joyfull und bestellten uns was Feines von der Karte. Ich orderte zusätzlich einen kleinen Teller Pommes Frites, yummy.
Zurück im Hotel holten wir die Wäsche ab (der Trockner war defekt) und gingen in eine Münzwäscherei. Willy wartet und ich kehrte zurück und ergänzte bei ersten beiden Wochenbeschrieben die Bilder, ohne geht ja eigentlich gar nicht.

Tag 24 (29.4.2012): 7h, 22km
Heute Morgen weckte mich die innere Uhr und weil das Skypen mit meiner Schwester nicht klappte, lud ich Woche 3 der Pilgerreise hoch.
Gegen sieben verliessen wir das Hotel und liefen quer durch Uwa hindurch, bis wir -in halber Höhe auf einem Hügel gelegen- zum Tempel 43, Meiseki-ji.




Über den Hügel hinweg kamen wir ans dritte Ende von Uwa und fanden u. a. einen Übungsplatz für Fahranfänger.




Der Weg führte uns durch kleine Dörfer, stieg dann leicht an, bevor er in einen Tunnel mündete. Mit etwa 1.1km war die der drittlängste Tunnel, den wir bis anhin (zu Fuss) durchschritten haben.




Einmal mehr stiessen wir auf eine typische, japanische Phalanx von Getränkeautomaten. Wenn man’s hier nicht findet, dann gibt’s das Getränk wohl nicht.
Das rote Männchen zeige uns weiterhin brav den Weg bis nach Ozu, einer mittleren Stadt mit Schloss.






Wir kamen schon um zwei Uhr im Ryokan Matsumoto an, d. h. wir brauchten etwa zehn Minuten um ihn nach Fragen in einer Bäckerei zu finden. Das alte Mannchen zeigte uns den Raum und wir deponierten unsere Rucksäcke. Nach ein bisschen kommunikativem Austausch verliessen wir den Ryokan und begaben uns auf die Suche nach einem Café mit Internetanschluss. Ich fragte die nette Dame aus der Bäckerei (nochmals) und sie schlug vor, wir sollen dich in die örtliche Bücherei gehen, resp. sie fahre uns dorthin. Was sie dann auch machte. Leider war diese am heutigen Sonntag geschlossen. Da kam ihr eine Idee und fuhr zu einem Spielpalast mit Manga-Bücherei, DVD-Verleih, Internetkabinen und so weiter. Sie lud uns dort ab und gab uns ihre Telefonnummer, damit wir sie anrufen und sie uns wieder abholen könne. Was sie später dann auch machte. Ihre ca. dreijährige Tochter sass schweigend im Kindersitz und würdigte uns keines Blickes. Wir bedankten uns herzlich, als wir ausstiegen.
Im Ryokan war dann Duschen angesagt und schon kurz darauf wurde das Nachtessen -mal als Abwechslung- im Zimmer eingenommen. Ich konnte dem alten Herrn klarmachen, dass wir zwei Nächte bleiben würden und unser morgiges Ziel der Tempel auf dem Hügel sein wird.

Tag 25 (30.4.2012): 7.5h, 24km
Wir erhielten auch das Frühstück überpünktlich ins Zimmer serviert, Reste bleiben keine übrig. Wir packten sehr leicht für den heutigen Tag, es reduzierte sich grundsätzlich auf das Tempelbuch, die Kerzen und Räucherstäbchen, den Poncho und die Regenhose sowie ein Ersatz-T-shirt. Wir verliessen den Ryokan, kauften im Konbini um die Ecke unser Essen für heute und machten uns bei leichtem Regen auf den Weg.






Unterwegs trafen wir auf einen Molch und einen farbig schimmernden Regenwurm von fast 30 cm Länge. Bei nachlassendem Regen und nach rund dreieinhalb Stunden Aufstieg von 50 auf über 800 Meter erreichten wir den Bangai-Tempel 7, Shusseki-ji.







Wir waren so früh dran, dass wir im Restaurant nur einen Kaffee tranken und uns wieder auf den Abstieg machten. Auf halber Höhe, in einem Buswartehäusschen assen wir bei guter Aussicht unser Mittagessen. Wir trafen auf nur einen Henro, der ebenfalls zu Fuss unterwegs war.
Entsprechend früh waren wir auch im Ryokan zurück, der alte Herr war ganz erstaunt, dass wir schon wieder da waren. Wir auch.
Schon gegen 17 Uhr wurde das Nachtessen serviert. Wir vermuten, dass seine Frau verstorben ist, er den Ryokan in seiner Art weiterführt und eine Aushilfe für das Bereiteten der Mahlzeiten engagiert hat.
Nach dem Nachtessen war wieder die obligate Wäsche in der Münzwäscherei am versteckten Parkplatz dran, mit gleichzeitigem Besuch im Doughnutladen.

Tag 26 (1.5.2012): 8h, 31km
Auch diese (wie die vorherige) Nacht habe ich relativ schlecht geschlafen. Komische Träume, Schmerzen in den Füssen in Kombination mit dem spätabendlichen Zuckerschub und eine laute, inkorrekt funktionierende Klimaanlage trugen wohl dazu bei, dass ich mich bei der Zehnuhrpause so schlapp fühlte.
Doch zuvor, nach dem Aufstehen servierte der alte Herr das Frühstück und kassierte ein. Wir verliessen den Ryokan, gingen wieder in den Konbini ums Eck, kauften was für die ersten Stunden und kamen nach einer weiteren halben Stunde beim Bangai-Tempel 8, Toyogahashi an.



Dieser befindet sich fast unter der Autobahnbrücke, unter der anderen Strassenbrücke, welche genau unter der Autobahn lag, fanden wir noch ein paar weitre Gedenken an Kobo Daishi. Von hier rührte der Umstand, dass man mit dem Kongozue beim Überqueren von Brücken nicht auf den Boden aufschlagen sollte.



Wir machten uns wieder auf den Weg, ruhten uns bei gesagter Zehnuhrpause vor einem Konbini in Uchiko kurz aus um dann, abgesehen von der Mittagspause bis nach Oda voranzukommen.





In Oda kreisten wir etwas durch den Ort bis wir den Ryokan Fuji-ya fanden und dort herzlich von der Hausdame empfangen wurden. Wir ruhten uns im grosszügigen Zimmer aus, wurden zum Duschen aufgerufen und begaben uns um 18h in den Esssaal. Willy gegenüber sass ein Mönch aus Korea. Wir konnten nicht genau erfahren ob er dort oder hier Mönch ist; auf jeden Fall ist er auch auf dem Pilgerweg.

Tag 27 (2.5.2012): 10.5h, 33km
Wir erschienen wie “befohlen” pünktlich um sechs Uhr zum Frühstück, hielten ein bisschen Smalltalk mit den anderen Gästen und machten uns dann in voller Regenmontur auf den Weg um ein paar Höhenmeter hinter uns zu bringen.
Hinter dem Dorf folgten wir noch der Strasse, welche eine S-Kurve enthielt um Höhe zu gewinnen, wir jedoch dem Pfad folgend steil abkürzten. Nach einem Tunnel am vorerst obersten Punkt fiel die Strasse langsam ins Tal hinab. Zwei Kreuzungen weiter begann der nächste Anstieg, zuerst über eine Forststrasse, welche in eine schmale Forststrasse überging und schliesslich nur noch ein Pfad war. Nach der Überschreitung ging es auf der anderen Seite wieder runter und als die grosse Strasse auftauchte, gingen wir ihr bis in den Ort Kuma und deckten uns mit dem Mittagessen ein. Durch Kumo hindurch, auf der gegenüberliegenden Hangseite lag Tempel 44, Daiho-ji.






Gleich hinter dem Tempel stand die nächste Überschreitung an. Unten angekommen, machten wir unsere Mittagspause in einer für die Pilger vorhandenen Hütten. Zehn Minuten später erreichten wir unsere Übernachtung, das Minshuku Kariba-en. Wir hatten geplant, unsere grossen Rucksäcke dort zu deponieren, dann mit leichtem Gepäck zum nächsten Tempel zu gehen und zurückzukehren. Da niemand zuhause war, mussten wir wohl oder übel weiterhin alles mittragen. Es waren zwar nur etwas mehr als 5km pro Weg, die hatten es dann aber in sich. Im Wald fanden wir einerseits vorwiegend gut aufgeweichten und rutschigen Boden vor, der neben dem unerwartet hügeligen Gelände unsere Geschwindigkeit drosselte. So brauchten wir bis zum Tempel 45, Iwaya-ji fast zwei Stunden.






Auch hier wechselten wir die Socken ein weiteres Mal, irgendwann musste das Wasser und der an den Beinen herunterlaufende Schweiss ja in die Schuhe gelangen.
Nach einer Pause beim Tempel, in der wir uns mit Zucker, Salz und Wasser aufpäppelten, nahmen wir den gleichen Weg zurück und waren erstaunlich schnell beim Minshuku. Wir wurden bereits erwartet, mit unseren dreckeigen Schuhen, Regenhosen usw. konnten wir nicht einfach so eintreten. Wir reinigten alles so gut wie möglich und nachdem wir das Zimmer bezogen, ging es gleich ins Bad.
Das Abendessen nahmen wir im Zimmer ein und aus irgendwelchen Gründen waren wir die einzigen Gäste heute. Da wir morgen einen langen Siebentempeltag vor uns hatten, wollen/müssen wir frühzeitig aufbrechen und verzichten auf das Morgenessen hier.  

Tag 28 (3.5.2012): 11.5h, 37km
Mit etwas Verspätung machten wir uns mit fast leerem Magen (einen Powerriegel hat man immer zur Seite) auf und liefen als erstes zum Tunnel hoch, der uns wieder nach Kumo brachte. Frohen Mutes, da nur Wolken am Himmel waren kamen wir zum Konbini und mussten feststellen, dass das Wetter diesseits des Berges ganz anders war. Also warfen wir uns in die Regenkutte und in Richtung Norden zum Misaka-toge-Pass. Der Wind nahm zu, dafür der Regen ab, welcher jedoch aufgrund unserer Höhe in Wolken überging. Es folgte ein langer Abstieg über mehr als 600 Meter und das Wetter klarte auf und wir konnten sogar Matsuyama in der Ferne sehen.




Der Talboden ging in eine grosse Ebene über und unser Siebentempeltag nahm seinen Anfang mit Tempel 46, Joruri-ji.





Nur gerade 900 Meter entfernt, lag Tempel 47, Yasaka-ji mit dem Tor des Glücks.





Bald darauf erreichten wir Bangai-Tempel 9, Monjuin.


Wir machten eine Mittagspause und gelangten dann zu Tempel 48, Sairin-ji.





Wir näherten uns der Stadt immer näher und kamen zu Tempel 49, Jodo-ji.




Eine weitere halbe Stunde später waren wir schon bei Tempel 50, Hanta-ji.





Wir durchliefen ein Wohnquartier und einen Friedhof bevor wir zum kommerziellsten der heutigen Tempel, zum Tempel 51 Ishite-ji kamen.








Da heute die eigentlichen freien Tage der goldenen Woche begannen, mussten wir weit entfernt mit einem Hotel vorlieb nehmen. Die bedeutete, dass wir noch eine weitere gute Stunde quer durch Matsuyama laufen mussten. Im Terminal Hotel konnten wir jedoch dank unserer Reservation sofort einchecken, duschen und gleich wieder raus um in einem nahe gelegenen Shoppingcenter zu Abend zu essen. Anschliessend machte ich mich noch auf die Suche nach guten Innensohlen, die vor knapp zwei Wochen gekauften sind schon durch. Meine Schuhe machen auch schon langsam schlapp, die müssen jetzt einfach noch 500km durchhalten; kann ja nicht sein, dass ich vier Paar Schuhe durchlasse, drei sind ja schon genug.

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