Es ist Sonntag und es ist heiss. Ich sitze am Schatten, bewege nur meine Hände und Finger beim Tippen. Noch immer läuft mir der Schweiss aus allen Poren vom vorherigen Spaziergang. Ich habe einen Platz mit Durchzug, was ich sonst so gar nicht mag. Hier ist es eine Wohltat.
Cayenne, Hauptstadt von französisch Guyana. Es ist Sonntag, und wer schon mal an einem Sonntag in Frankreich war, der kennt das: Es läuft nix, ziemlich alles ist geschlossen, keine Busse etc. Nach Ladenschluss am Samstag werden sogar die Trottoirs reingenommen. Naja, so extrem ist es nicht, schliesslich sitze ich im Restaurant “Les Palmistes” am Hauptplatz “Unter den Palmen” und trinke einen frischgepressten Saft aus dem Tetrapack mit Maracuja. Es gibt jedoch Dinge, die sind anders als in Frankreich: Hier ist man als Weisser der Neger (das ist Satire, also darf ich), nur etwa jede fünfte Person ist von heller Hautfarbe, schätze ich.
Heute hänge ich in Cayenne ab, ich mache mir einen gemütlichen Tag, laufe etwas herum, lese, schaue mir die alten (und zum Teil baufälligen) Kolonialhäuser an, beobachte die Leute und vorbeifahrenden Autos.
Am späten Donnerstagnachmittag fuhr ich also mit dem Stadtbus zum Busterminal von Macapa. Dort angekommen, genehmigte ich mir noch eine Suppe mit Fleisch, Kartoffeln und diversen anderen Gemüsen. Ich beobachtete, wie ein atypisch alter Überlandbus einfuhr, mit der Aufschrift “Oiapoque-Macapa” vorne drauf. Das würde wohl der ankommende Bus sein, dachte ich mir. Nö, das war unserer. Ich muss an dieser Stelle vorausschicken, dass die Strecke bis nach Oiapoque rund 740 Kilometer beträgt und nach Kilometer 548 rund 170 km unbefestigte, amazonische Piste bestehen. Je nach Wetter kann die Reise zwischen 12-15 Stunden dauern. Ich wählte den Nachtbus, damit ich nicht mitten in der Nacht ankommen würde und dann noch eine Unterkunft suchen müsste. Andererseits schont ein Nachtbus das Budget, da ja keine Übernachtung anfallen und die Fahrt nach Cayenne am Folgetag stattfinden würde.
Somit fuhr der Bus pünktlich um 19h los und kam auch ganz nach Plan voran. Ab Kilometer 548 wurde es dann “spassig”. Es hatte geregnet. Wir passierten einige quer stehende Lastwagen, die wohl den Regen und die Nacht abwarteten. Das kümmerte unseren Busfahrer nicht wirklich, war eine Kurve leicht abschüssig und der Bus scherte hinten aus, fuhr der Mann auf dem schmierigen Untergrund einfach im Drift, zumindest ziemlich quer hindurch. Die Hinterräder fanden selten die Spur der Vorderräder. Da die Strasse (für die Fussballweltmeisterschaft im 2014) ausgebaut wird, kamen erschwerend schmale Stelen hinzu. Der Fahrer hatte den Bus im Griff. Bis es, irgendwann in der Nacht, nach einem Schlagloch ziemlich laut geknallt hat. Oh, oh! meiner Meinung nach hörte sich dies nicht wie ein geplatzter Reifen an. Der Fahrer fuhr den Bus vorsichtig an die Strassenseite, stieg aus, begutachtete die Hinterachse, stieg wieder ein, stellte den Motor ab und legte sich schlafen. Wir auch. Am Morgen schaute ich auch mal nach und stellte fest, dass sich die Räder nicht mehr so ganz in der Mitte des Radkastens befanden. Die beiden oberen, je etwa 1.5 Zentimeter starken Führungsblattfedern waren in der Mitte gebrochen. wir befanden uns irgendwo im Nirgendwo, der Ersatzbusfahrer war schon unterwegs um Hilfe zu holen. Glücklicherweise hatte es rund 500m weiter zurück aufgrund der Baustellen einen kleine Imbiss- und Getränkeladen. Um es kurz zu machen, irgendwann tauchte das Reparaturfahrzeug -kein Ersatzbus- mit Ersatzmaterial und dem Mechaniker auf. In einer Stunde war der Defekt repariert und wir wider unterwegs. Anstelle von 12-15h benötigten wir gerade mal 24 Stunden. Somit kam ich also am Abend in Oiapoque an... Ohne Ortsplan lief ich beim Eindunkeln vom Busterminal in das relativ überschaubare Dorf hinein und sucht mit eine einfache Unterkunft. Dann ass ich noch einen letzten, typisch brasilianischen X-Burger zu Abend.
Am Samstagmorgen lief ich zum Polizeiposten der “Guardia Federal” um den Ausreisestempel zu erhalten. Die haben am Samstag geöffnet, gut hatten wir nicht noch mehr Verspätung, sonst wäre ich bis Montag in Oiapoque hängengeblieben. Die Passformalität dauert nur ein paar Minuten und dann ging es mit einem kleinen Motorboot auf die andere Seite des Flusses. Die neue Brücke ist noch nicht für den Verkehr geöffnet, alles für 2014... In St. Georges de Oyapoque konnte mir der Zöllner nicht so genau Auskunft geben, ob ich nun ein Visum brauche oder nicht. Um sicher zu sein, lief ich zum Immigrationsposten. Der Polizist dort fragte mich woher ich sei. “Aus der Schweiz” antwortete ich “EU nein, Schengen ja“. Er schaute dann nach und da ich ja in Frankreich sei, benötige ich kein Visum. Auch gut. Zurück am Hafen wartete schon ein “Taxi collective”, das uns nach Cayenne bringt.
Hier kam ich also gestern Nachmittag an und konnte gerade noch das Schliessen der Shops, der Reiseveranstalter und des Touristinformationszentrums zur Kenntnis nehmen, bevor ich mich für zwei Tage im Hotel Central einquartierte. Gestern Nachmittag fand ich, nach mehrfachem Nachfragen und herumgeschickt werden, einen sehr fortschrittlichen Waschsalon und konnte die Kleider als Abwechslung zu meiner Handwäsche mal von der Maschine waschen lassen. Im Hotelzimmer habe ich dann eine Leine gespannt, damit die Kleider über die Nacht durch die Klimaanlage getrocknet werden können.
Gestern Abend gönnte ich mir was: Am Hauptplatz gibt das Restaurant Hippopotamus (Wiali und Marcel mögen sich an Paris erinnern), in dem ich mir ein schönes Stück tote Kuh mit Pommes frites, Pfeffersauce und einem Glas Rotwein mit äusserstem Genuss und voller innerer Zufriedenheit zu Gemüte führte.
Im Übrigen ist mir am Freitag die Kamera auf den Boden gefallen, mit Fotografieren ist nix mehr, der Fokus ist defekt und in Cayenne scheint es niemanden zu geben, der eine Kamera reparieren kann, zumindest gestern nicht. Wenn ich Montag niemanden finde, kann ich diese Kamera entsorgen und kaufe eine andere, eine kleinere. Das hätte auch seine Vorteile, dann müsste ich nicht mehr das Ladegerät etc. herumtragen resp. hätte etwas weniger Gewicht. Oder ich könnte die kaputte Kamera vorerst behalten und dann einem mich bedrohenden, korrupten venezolanischen Polizisten unterjubeln und er wäre in der Meinung, er hätte was Tolles.
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